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Von Tbilisi nach Juta

Während ich darauf warte, dass mein Fahrrad repariert wird, erkunde ich weiter die Stadt. Ich schaue mir die riesigen Markthallen an, die ein Paradies für Second-Hand-Klamotten sind. Nebenan ist gleich das Stadion von Dinamo Tbilisi, die aber am Tag zuvor ihr Ligaspiel hatten. Es läuft ein anderes Erstligaspiel: Gagra Tiflis gegen FC Telavi vor ungefähr 200 Zuschauern. Der Eintritt ist frei. In der Nationalgalerie schaue ich mir die Gemälde von Niko Pirosmani an, die einem reproduziert in der ganzen Stadt begegnen.

Ich erfahre, dass die Fähren nach Bulgarien (Poti – Varna) auch im September fahren. Man muss allerdings am Abfahrtstag vor Ort in Poti sein und hoffen, dass eine Kabine, die eigentlich den LKW-Fahrern vorbehalten sind, frei ist. Ich will es versuchen.

Nach einer Woche in Tiflis frage ich mal beim Fahrradladen nach, wie es mit der Reparatur vorangeht. Sie haben wohl ein neues Hinterrad für mich und wollen sich am Abend melden, was sie nicht machen. Am nächsten Tag melde ich mich wieder, wann ich das Rad abholen kann und ich erfahre, dass das neue Hinterrad 27,5 und nicht 26 Zoll hat. Ich soll aber um 17Uhr vorbei kommen. Ich bin gespannt. Als ich schon halb auf dem Weg bin, schreibe ich sicherheitshalber nochmal ob das Rad fertig ist, ist es nicht. Als ich frage wann ich denn dann kommen kann, kommt die Nachricht, dass ich doch jetzt kommen kann. Ich hab kein gutes Gefühl. Als ich vor Ort bin, ist die Reparatur gerade in den letzten Zügen. Beim Rad zentrieren bricht dann noch eine Speiche. Irgendwann hab ich den Grashüpfer zurück und es fährt sich erstmal gut. An der Tankstelle bekommen wir noch ne Wäsche spendiert.

Am nächsten Tag mache ich mich auf den Weg in den grossen Kaukasus. Noch in Tiflis merke ich, dass das Hinterrad nicht richtig rund läuft. Ich entschliesse mich aber weiterzufahren und hoffe, dass es hält. Die Strecke ist die Hölle. Enorm viel Verkehr, LKWs, kaum Platz auf der Strasse und komplett skrupellose Fahrer, die einen bei Überholmanövern glatt über den Haufen fahren würden, wenn man nicht hin und wieder auf den Schotterstreifen auswich. Ich entdecke am anderen Flussufer eine kleinere Strasse und wechsle hinüber. Die Strasse wird aber so schlecht und steil, dass ich irgendwann nur noch schieben kann. Als ich in einem kleinen Dorf wieder Asphalt erreiche, kommt ein Typ aus einem verfallenen Haus und lädt mich auf einen Chacha (der landestypische Traubenschnaps) ein. Ich folge ihm hinein. Drinnen steht eine Tischtennisplatte und fünf breite Typen mit einer Bong. Da ich noch einige Kilometer fahren will, lass ich es beim Chacha beruhen und verabschiede mich.

Es folgt die Königsetappe der Tour. Ich klettere 2000 Höhenmeter auf den Jvari Pass auf 2395m und damit den höchsten Punkt bisher. Der Verkehr bleibt übel. Ich ärgere mich etwas, mir für meinen Ausflug in die kaukasichen Berge eine Strasse ausgesucht zu haben, die zur russischen Grenze führt. Georgien beteiligt sich nicht an den kriegsbedingten Sanktionen gegen Russland. Und dementsprechend herrscht ein reger Touristen- und Warenverkehr auf der Strecke. Chinesen bauen gerade einen Tunnel in dem Tal, was auch viel LKW-Verkehr verursacht. Hinterm Pass wird die Landschaft spektakulär und ich biege für die Schlafplatzsuche in das ruhige Truso-Tal ab und finde einen der schönsten Übernachtungsplätze bisher. Die Nudeln mit Tomatensauce schmecken immer noch vorzüglich.

Am nächsten Tag klettere ich mit Grashüpfer die 400 Höhenmeter nach Juta auf steilen Schotterpisten. Der Zeltplatz, den ich ansteuere, liegt nochmal 100 Höhenmeter höher und ich muss das Rad einen wahnsinnig steilen Wanderweg hochschieben. Oben angekommen erwartet mich eine Hängematte mit traumhaftem Ausblick auf das beeindruckende Chaukhi Massiv.

Ich lasse das Rad auf dem Zeltplatz und begebe mich am nächsten Morgen auf eine Zweitageswandertour über den 3370m hohen Chaukhi-Pass. Die Landschaft ist toll. Ich übernachte vor einem wunderbaren Bergpanorama und wandere tags darauf über den 3060m hohen Sadzele-Pass zurück nach Juta und mache mich noch am gleichen Abend an die Abfahrt.

Nächstes Ziel auf dem Weg zum Schwarzen Meer ist Gori, die Geburtsstadt von Stalin.

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