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Von Tmogvi nach Tbilisi

Mit gebrochener Speiche und kaputtem Hinterradlager versuche ich die 200km nach Tbilisi zu kommen. Anfangs macht das Rad noch laute Geräusche. Irgendwann sind die Lagerkugeln, glaub ich, komplett zermalmt und es wird leiser. So richtig entspannt radel ich nicht mehr, da ich damit rechne, dass jeder Huckel der letzte für das Rad sein könnte.

Es folgt einer der härtesten Tage der Tour. Es geht damit los, dass ich in den Supermärkten, die auf der Strecke liegen, nicht mit Kreditkarte einkaufen kann. Bargeld hab ich noch nicht, da ich auch noch an keinem Geldautomaten vorbeigekommen bin. Es geht in die Berge. Die Strassen werden mit jedem Kilometer schlechter und sind irgendwann nur noch steile geröllige Pisten und ich komme den ganzen Tag nur im Schritttempo voran. Die Landschaft sieht fast mongolisch aus und ich komme an einigen Schafhirtenbehausungen vorbei, wo mich jedesmal ein Rudel Hunde unfreundlich begrüsst. Das Fahrrad zwischen mich und die Hunde zu bringen, funktioniert hier nicht, da sie von allen Seiten kommen. Auch der Stock scheint die Hunde nicht sonderlich zu beeindrucken. Letztlich begnügen sich alle Hunde aber damit, mich bellend und Zähne fletschend eine Weile zu begleiten. Einer meiner Flaschenhalter bricht.

Als ich nach 7h Fahrt endlich wieder auf Asphalt bin, hält ein Georgier im Auto neben mir und möchte mit mir einen Cognac auf die georgisch-deutsche Freundschaft trinken, was ich nicht ablehne. Er füllt mir noch etwas für die weitere Fahrt ab und fährt davon. In Zalka, einem etwas grösserem Ort, wo ich endlich etwas zu essen kaufen kann, werde ich von einem BMW-Fahrer beim vorwärts ausparken über den Haufen gefahren. Das meiste bekommt zum Glück meine rechte Pedale und seine Stossstange ab. Umstehende Passanten scheint der Unfall nicht sonderlich zu interessieren. Ich hab eine kleine blutende Wunde am Bein, die vom Fahrer etwas versorgt wird. Ich checke meine Ausrüstung, ob alles heil ist und entscheide weiterzufahren. Die Polizei zu rufen, ist mir zu unsicher. Der Fahrer hatte noch einen Beifahrer und war auch mit den Passanten bekannt. Wer weiss, was die der Polizei erzählt hätten und was es mir am Ende bringen würde. Das Hinterrad wackelt jetzt noch mehr und dadurch springt die Kette in manchen Gängen. Ich will aber nur weg aus diesem Ort. Ich suche mir einen Platz am Fluss für die Übernachtung, der dann ausgetrocknet und mückenverseucht ist. Zum Glück habe ich den abgefüllten Cognac noch…

Nochmal ordentlich Höhenmeter am nächsten Tag und dann 1100hm Abfahrt nach Tiflis, wo mich 37 Grad Celsius erwarten. Ich beziehe ein Airbnb-Zimmer in einem Gebäude, ähnlich der Stalinbauten auf der Karl-Marx-Allee in Berlin und fühle mich bei Hamida und ihrem Hund gleich heimisch. Sie empfiehlt mir ein tolles kleines Restaurant um die Ecke, wo ich mir den Bauch vollschlage und im siebten kulinarischen Himmel bin.

Am nächsten Tag steht das Projekt Fahrradreparatur an. Im ersten Fahrradladen will man mein Fahrrad, wegen Monteurmangel, nicht reparieren, der zweite Laden ist geschlossen, der dritte Laden ist extrem unfreundlich und will mir gleich ein neues Fahrrad verkaufen, nimmt es dann aber etwas widerwillig für die Reparatur an…

Für mich heisst es nun zu überlegen, wie es weitergeht. Nach Kirgisistan komme ich nicht mit dem Fahrrad. Die Landgrenzen von Turkmenistan und Aserbaidschan sind geschlossen. Eine schöne Alternative wäre es über eine andere Route nach Berlin zurückzuradeln. Ich habe unterwegs erfahren, dass es eine Lastenfähre von Georgien nach Bulgarien über das Schwarze Meer gibt, die auch Passanten mitnimmt. Es gelingt mir aber bisher nicht, herauszufinden, ob und wann die im September fährt und wie man die bucht. Und ich muss sowieso erstmal abwarten, ob mein Rad nochmal fit gemacht werden kann. Bei 38 Grad Celsius ist die Motivation aufs Rad zu steigen gerade auch noch gering.

Derweil erkunde ich diese spannende Stadt zu Fuss. Türken, Perser, Russen und Deutsche haben hier ihre Spuren hinterlassen. Alte Kirchen, halb verfallene pittoreske Gebäude, hippe umfunktionierte Industriebauten, Streetart, tolle Aussichtspunkte und gemütliche Bars und Cafes versprühen einen unheimlichen Charme.

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