• Menu
  • Menu

Von Zara nach Tmogvi

Von Zara geht es auf Autobahnen das erste mal auf über 2000m. Danach muss ich mich für eine Route Richtung Georgien entscheiden. Entweder Richtung Grenzübergang am Schwarzen Meer oder Richtung Karzachi See auf 2000m. Da ich noch nicht am Schwarzen Meer war, die Landschaft auf dem Weg dorthin vermeintlich schöner ist und und Yanik (Sophie ist mittlerweile heimgeflogen) auch die Route fährt, entscheide ich mich für erstere. Extrem steile Rampen sind am Anfang zu bewältigen und die Strassen werden immer schlechter. Irgendwo im Nirgendwo bricht wieder eine Speiche im Hinterrad. Da diesmal kein Fahrradladen in der Nähe ist, versuche ich es selbst zu reparieren und muss feststellen, dass ich dazu die Kassette entfernen müsste, wozu ich kein passendes Werkzeug dabei habe. Ich entscheide mich, den nächsten Fahrradladen in Erzincan anzusteuern, der aber auf der andern Route liegt. Also die steilen Rampen wieder zurück und auf die Autobahn mit zunehmendem LKW-Verkehr. In Erzincan wird die Speiche schnell repariert und im Hotel gönne ich mir ein Bier, was in letzter Zeit Mangelware war. An jeder Ecke kann man Tee trinken, aber Orte an denen man Bier trinken kann, gibt es in vielen Orten nicht mehr. Man findet noch Einträge von Bars auf Google Maps, die sind mittlerweile aber reihenweise geschlossen.

Die Fahrt geht weiter am Ufer des Euphrat, der sehr wenig Wasser führt. Zwei nette Cowboys laden mich zu Tee und Picknick ein. Nach einer längeren Autobahn-Strecke geht es ins schöne Karasu-Tal, wo ich einen herlichen Schlafplatz über dem Fluss finde.

Es folgen viele Kilometer auf Autobahnen, durch immer die gleichen tristen Orte, die nicht zum Verweilen einladen. Highlights sind die Erfrischungspausen an den Tankstellen.

Es geht in die Berge, wo ich seit einem Monat den ersten Regen abkriege. In einer Regenpause kann ich auf einer schönen Wiese an einem Bach mein Zelt aufbauen. Ein Typ im VW-Bus stellt sich unweit von meinem Zelt hin, kriecht bei der Begrüssung fast in mein Zelt und lädt mich zum Tee ein. Wollte eigentlich mal wieder gemütlich lesen, aber um nicht unhöflich zu sein, geh ich zum Teetrinken. Während er mir noch eine frisch gefangene Forelle grillt, zeigt er mir stolz seine Pistole. Ich frage, wofür er sie braucht, worauf er erwidert: für Bären. Wenig später holt er auch noch ein Sturmgewehr raus und mir wird etwas mulmig, aber nicht wegen der Bären. Als ich mich Richtung Zelt verabschieben will, bietet er mir noch an, bei ihm im Bus zu schlafen, was ich dankend ablehne. Morgens bin ich froh, dass keine Waffen zum Einsatz kamen und meine Reise weiter geht.

Ich stelle fest, dass meine Regenhose fehlt. Muss ich gestern nach dem Regen verloren haben. Ich radle 1,5km zurück und finde sie tatsächlich fast unversehrt auf der Strasse. Es geht auf fast 2400m und ich bekomme leichte Kopfschmerzen, Anzeichen von Höhenkrankheit, die nach der Abfahrt wieder verschwinden. Mein Hinterrad macht komische Geräusche, die immer schlimmer werden. In Kars, einer grösseren Stadt, in der ich sowieso nochmal Pause machen wollte, steuere ich, aus Mangel an Alternativen, eine nicht sehr vertrauenswürdige Fahrradwerkstatt an. Es stellt sich heraus, dass das in Kayseri „reparierte“ Innenlager, mit dem ich bis dahin keine Probleme hatte, hinüber ist. Die Kugeln des Lagers sind völlig verformt. Ich zeige dem Monteur die alten Kugeln, die ich noch dabei habe und die völlig in Ordnung sind. Er entscheidet sich aber neue Kugeln einzubauen. Ich befürchte, wenn das die gleiche Qualität ist, wie die der Kugeln aus Kayseri, werde ich nicht weit kommen.

In Kars gucke ich mir die über der Stadt gelegene Festung an. Hier stelle ich auch wieder fest, wie mir etwas ausgelassenes Nachtleben fehlt. Teeläden an jeder Ecke, die Bars sind aber geschlossen.

Von Kars geht es zum wunderschönen Cildir-See. Auf einer Halbinsel verbringe ich meine letzte Nacht in der Türkei. Von einer Familie, die am Ufer grillt, bekomme ich zwei Teller mit Fisch und Hühnchen ab. Ein schöner Abschluss meiner Zeit in der Türkei.

Auf den letzten Kilometern Richtung Grenze wird die Landschaft richtig schön, es geht an einer alten Burg vorbei und irgendwann sieht man den Karzachi-See, an dessen Ufer der Grenzübergang ist. Im 5km-LKW-Stau stehen ukrainische und russische LKWs vereint mit iranischen, kirgisischen und usbekischen. Hinter der Grenze macht mein Hinterrad wieder üble Geräusche, die mir bekannt vorkommen. Dieses mal ist der nächste Fahrradladen aber wohl noch 250km entfernt in Tiflis und ich muss hoffen, dass das Rad durchhält.

Ich verlasse die Hauptstrasse und wage mich auf eine abenteuerliche Abfahrt Richtung Wardsia, eine beeindruckende in den Fels gegrabene Höhlenstadt, die Platz für bis zu 50.000 Menschen bot und als Schutz für Angriffe von Türken und Persern erbaut wurde. Es gibt wieder richtigen Wald und saftige Wiesen, was ich bestaune, als ob ich es das erste mal sehe. Als Begrüssungsgeschenk gibt es köstliche Honigmelone. Der Blick in die Schlucht dann ist gewaltig. Die Strasse hinunter ist extrem holprig und ich bewältige sie im Schritttempo. Ich finde einen grandiosen Platz für mein Zelt mit Blick auf die Höhlen.

Am nächsten Morgen muss ich wieder eine gebrochene Speiche im Hinterrad feststellen und mache mir langsam Sorgen ob ich Tiflis noch aus eigener Kraft erreiche. Da ich noch etwas in der Schlucht herumwandern will, nehme ich mir ein Zimmer in einem Guesthouse in Tmogvi und mach mich auf einen Wanderweg zur Burg. Es geht über eine abenteuerliche Brücke und dann immer steiler werdend auf brüchigem Fels durch eine Scharte Richtung Burg. Ich muss bald die Hände zur Hilfe nehmen und dann kommt eine richtige Kletterstelle. Ich denke, danach wird es bestimmt wieder flacher, aber es wird immer steiler. Die Griffe und Tritte brechen unter meinem Gewicht weg und ich denke: ok jetzt geht es nur noch nach oben. Nach weiteren brüchigen Kletterstellen, geht es aber nicht mehr weiter, nur noch senkrechte Wände vor mir. Ich finde kaum noch festen Halt, weil alles wegbröselt und es bleibt nur der Weg zurück. Da kaum noch ein fester Griff vorhanden ist, kann ich mich nur nach unten retten, indem ich mich an manchen Stellen in dem leicht gewölbten Fels verklemme. Erleichtert, unverletzt davongekommen zu sein, mache ich mich auf den Weg zum Vanis Kvabebi Felsenkloster. Das ist wegen Steinschlag leider nicht zugänglich uns so muss ich auch hier unverrichteter Dinge umkehren. Ich hoffe, dass mich das viel gepriesene georgische Essen am Abend wieder froh stimmt…. was es tut.