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Von Juta nach Batumi

Von Juta geht es erstmal 100km auf dem gleichen Weg zurück, den ich gekommen bin. Ich erlebe wieder einige rücksichtslose Überholmanöver im Gegenverkehr, bei denen ich mich auf den Schotterstreifen retten muss. Irgendwann kann ich diese lebensgefährliche Strasse endlich auf eine Schotterpiste verlassen. Diese führt in Richtung des von Russland seit 2008 besetzten Südossetiens, biegt aber noch rechtzeitig ab. Ein Dorfbewohner warnt mich noch vor dem Russki. Am nächsten Tag wird die Piste wieder so unfahrbar und steil, dass ich nach zwei Stunden komplett fertig bin und mich auf die lebensgefährliche Strasse zurückwünsche. Die letzten 50km nach Gori lege ich dann auf der Autobahn zurück, was nicht schön ist, aber zumindest recht sicher, es gibt einen breiten Seitenstreifen.

Gori, die Geburtsstadt Stalins, hat ein touristisches Highlight: das Stalin Museum, welches 1957 eröffnet wurde. Die Ausstellung hat sich wohl seit dem nicht gross verändert. Die Verbrechen Stalins sind jedenfalls kein Thema. Gori war im 5-Tage-Krieg 2008 von russischen Truppen besetzt und hatte einige Opfer zu beklagen. Verfall und Schönheit prägen das Stadtbild. Wein überrankt baufällige alte Häuser. Ich treffe hier die unfreundlichsten Menschen in Georgien (Museum und Restaurant) und habe gleichzeitig die nettesten Begegnungen. Lia, die Gastgeberin meines Guesthouses, ist sehr herzlich. Während ich morgens frühstücke, spielt sie wunderschön Klavier. Ihr kleiner Garten ist eine Wohlfühloase. Ich treffe Kristine und Simen aus Oslo wieder, die ich in Juta auf dem Campingplatz kennengelernt habe, und wir haben das grossartigste Restaurant-Erlebnis im KE&RA. Relativ weit ausserhalb des Zentrums hat Giorgi die Garage und den Garten seines Hauses zu einem Ort der Sinne gestaltet, den man gar nicht mehr verlassen möchte. Wir werden mit dem besten Essen und köstlichem selbst produzierten Chacha und Wein verwöhnt und ich könnte hier ewig weiter essen und trinken.

Der nächste Tag ist dann wieder eine Qual auf den Strassen Georgiens. Dichter Verkehr durch ein einst schönes Tal, in das gerade noch eine Autobahn mit etlichen Tunneln und Viadukten gebaut wird. Es ist dystopisch. Dazu schwüle 39 Grad. Die Nacht im Zelt ist wegen der Hitze und des Strassenlärms eine der unschönsten der Reise.

Es folgt ein ganz schöner Abschnitt durch eine kleine Weinregion mit wunderschönen Landhäusern. Es wachsen überall, Wein, Walnüsse, Granatäpfel und Feigen. Ich übernachte bei Bagdati in einem Guesthouse mit einem fantastischem eigenen Wein und grossartigem Essen.

Die letzten Kilometer Richtung Poti am Schwarzen Meer sind dann wieder lebensgefährlich. Im Gegenverkehr ist Stau. Es gibt einige, die aus dem Stau ausscheren, extrem beschleunigen und sich irgendwo weiter vorn wieder reindrängeln. Dabei ist dann immer nur wenige Zentimeter Platz zwischen ihnen und mir. Bei einer solcher Aktion passiert es dann, dass als gerade einer den Stau überholt, ein zweiter aussschert, der Überholende diesem ausweichen muss und mich fast über den Haufen fährt. Ich kann mich gerade so von der Strasse retten. Immerhin hab ich noch eine nette Chacha-Einladung in einer Bushaltestelle.

Am nächsten Tag in Poti versuche ich vergeblich, einen Platz auf der Fähre nach Varna in Bulgarien zu ergattern. Alles ist durch LKW-Fahrer belegt. Es gibt noch eine Fähre von Batumi nach Burgas. Aber auch da ist es vergeblich und ich muss meinen Plan, mit der Fähre über das Schwarze Meer nach Bulgarien zu gelangen, leider aufgeben.

Poti könnte eigentlich ein charmanter Ort sein. Es herrscht aber eine unheimliche Tristesse. Verfallene Gebäude und Bauruinen an jeder Ecke. Ich besuche eine der wenigen Sehenswürdigkeiten der Stadt, den alten Leuchtturm und spaziere über den labyrinthartigen Friedhof.

Am nächsten Tag geht es nach Batumi. Der Verkehr ist zum Glück etwas entspannter und ich kann einige Zeit einer langen Strandpromenade folgen. Es regnet fast den ganzen Tag. Ich schaue mir den Musicians-Park an. Skulpturen von berühmten Musiker*innen sind hier ausgestellt und es wird deren Musik dazu gespielt.

Die Landschaft um Batumi ist wunderschön bergig und dicht bewachsen. Die Stadt ist ansonsten eine Aneinanderreihung von Bausünden. Hier muss ich nun einen neuen Plan machen, wie die Reise weiter geht. Nach Abwägung mehrerer Optionen entschliesse ich mich ein Busticket nach Istanbul zu kaufen und von dort heimzuradeln. Die Busticketagentur ist gleichzeitig ein Schuhladen und ich bin etwas skeptisch ob morgen wirklich ein Bus auf mich wartet. Ich lege mich noch etwas an den Strand und trinke ein paar Georgien-Abschiedsbiere in einer Bar, wo ich nette Gespräche mit zwei in Kasachstan lebenden Holländern und einer Weissrussland-Ukrainerin habe. Morgen geht es dann hoffentlich Richtung Istanbul.

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