• Menu
  • Menu

Vom Olymp nach Istanbul

Vom Olymp geht es nach Thessaloniki. Es ist sehr heiss und tagsüber ist es eigentlich nur bei einem Bier im Schatten oder im Museum auszuhalten. So schaue ich mir eine sehr gute Fotoausstellung an und trinke Bier in einer Taverne. Seit meiner Abreise habe ich keinen Film mehr gesehen und in einem der drei Freiluftkinos der Stadt läuft ELVIS, den ich mir abends anschaue. Ansonsten besticht die Stadt durch toll Bäckereien und niedliche Katzen an jeder Ecke. Im Zimmer im etwas heruntergekommenen Hostel gibt es einen Ventilator mit eingebautem Deckenlicht. Blöderweise kann man nur beides gleichzeitig ein- oder ausschalten. Der Hostelbesitzer ist wenig motiviert, daran was zu ändern und ich hab auch keine Lust mich gross zu beschweren und da es so heiss ist, schlafen wir mit Licht. Ich hab zum Glück ein unteres Bett und kann es mit einem Handtuch etwas verdunkeln und schlafe auch ganz gut. 

Entlang der Küste geht es weiter in Richtung türkischer Grenze. Anfangs noch durch unschöne Touristenorte wird es zunehmend wilder und ich finde tolle einsame Schlafplätze am Meer. Im Nestos Delta Nationalpark kann ich Storche und Pelikane beobachten.

Die letzten Kilometer zur Grenze bremst mich ein heftiger Gegenwind und ich muss den Grenzübertritt auf den nächsten Tag verschieben. In Feres kehre ich in eine Taverne ein und frage ob sie mir einen Platz zum Zelten empfehlen können und es stellt sich heraus, dass es gleich um die Ecke eine grosse Kirche mit schöner Wiese gibt. Dann kommt ein anderer Radler vorbei. Wir unterhalten uns kurz und er setzt sich dazu. F. aus Norddeutschland ist auf dem Weg Richtung Südostasien und will dort bleiben, wenn sich sein Umfeld zu Hause nicht ändert. Er wollte eigentlich an dem Abend noch weiter Richtung Türkei, entscheidet sich dann aber auch in Feres für die Nacht zu bleiben. Die Wiese vor der Kirche sieht bei Tageslicht nach einem perfekten Platz für die Nacht aus und wir machen es uns gemütlich. Das anfänglich nette Gespräch mit F. über das Radfahren schlägt leider recht schnell in einen Monolog um, in dem er in jedem Satz versucht die ganze Welt zu erklären und er die grossen Parallelen zwischen Hitler, Spahn und Lauterbach zieht. Immer wenn ich irgendwie einhaken will, wird er lauter, irgendwann wird es mir zu anstrengend, was ich ihm auch sage und gehe zu meinem Rad. Da ich das von mir etwas unhöflich fand, geh ich zurück und versuche das Gespräch nochmal aufzunehmen und vielleicht in eine andere Bahn zu lenken. Nach einer Minute monologisiert er über Arier und ich geb es auf und verabschiede mich zu einem Spaziergang. Der bei Tageslicht perfekte Platz für die Nacht entpuppt sich dann leider auch als Fehlgriff. Scheinwerfer erhellen den Platz, extrem laute Musik kommt aus dem Stadtzentrum und die Jugend versammelt sich noch sehr lang an der Kirche. Morgens um 5:30 werden wir von Hunden geweckt, die unsere Zelte sehr lange anbellen. Da ich eh früh los will, steh ich auch gleich auf. F. schläft weiter als die Hunde endlich verschwinden. Als ich abfahrbereit bin, schläft F. noch und ich lass ihn schlafen und fahre Richtung Grenze. Da es gesprächsmässig nicht so gematcht hat zwischen uns, war ein gemeinsames Fahren für mich sowieso keine Option. Die Begegnung hinterlässt bei mir aber ein irgendwie unschönes Gefühl. Nach bisher nur schönen und entspannten Begegnungen hat mich der Einblick in die etwas wirre Gedankenwelt eines anderen und auch mein hilfloses und schroffes Reagieren darauf etwas grübeln lassen. Und es hatte auch was Lächerliches; zwei 42jährige Männer irgendwo in Griechenland, die das gleiche machen, die gleiche Sprache sprechen, sich aber nicht verstehen (Stoff für einen Kurzfilm :)).

Nach den schönen letzten Tagen an Griechenlands Küste folgen drei üble Tage auf türkischen Autobahnen mit extremem Gegenwind und sehr vielen Höhenmetern. Dank einiger guter Podcasts, denen ich sehr dankbar bin (Fest und Flauschig, Das philosophische Radio, ausliebezumspiel, piratensender powerplay, bonnies ranch, Baywatch Berlin,…) und die ich unterwegs höre, ist das ganze etwas erträglicher. Ich finde eine Geldbörse mit Dokumenten und 100 US Dollar auf der Strasse und gebe sie bei der nächsten Polizeistation ab.

Morgens vor der letzen Etappe nach Istanbul laden mich vier italienische Camper*innen auf Kaffe und Melone ein und ich begebe mich in das Verkehrschaos der riesigen Metropole. Unterwegs überholt mich F. und wir können uns nochmal kurz aussprechen. Ich entschuldige mich für meine Schroffheit und wir wünschen uns eine gute Reise. Die Schnellstrassen nach Istanbul kann man irgendwann verlassen und auf einen sehr guten Radweg am Wasser wechseln. Mein Airbnb-Zimmer liegt auf der anderen Seite des Bosporus, auf asiatischer Seite im Stadtteil Kadiköy, wo ich mit der Fähre hingelange. Hier bleibe ich erstmal ein paar Tage. Ich brauche etwas Zeit für Entspannung, Arbeit, Besorgungen und die weitere Planung der Tour.

Kommentare

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

2 comments